19. März 2007

Instant-Rückblick: Die Aktualität der RAF

Mal ein Rückblick auf einen gerade erst geschriebenen Beitrag; weil's die Aktualität nahelegt:

Gerade ging in WDR 5 die Wiederholung einer Sendung ("Funkhausgespräche") zu Ende, in der die beiden Terroristen Dellwo und Rollnick öffentlich aufgetreten sind.

Sie dürfen sich rechtfertigen. Sie zeigen beide keine Spur von Reue; im Gegenteil, sie weisen das Ansinnen, sich reuig zu zeigen, brüsk von sich.

Rollnick macht überhaupt keine erkennbaren Abstriche an dem, was sie getan hat. Dellwo sagt, er sei damals "unreif" gewesen, und die Bedingungen für eine Revolution hätten nicht bestanden. Nur für eine Revolte. Das zu verwechseln sei ein "Fehler" gewesen.

Und das, was die RAF gemacht habe, sei "illegitim" gewesen. Dazu immerhin kann er sich durchringen.

That's all. Rollnick erklärt sogar, die RAF sei "militärisch unbesiegt" geblieben, und sie äußert die Vermutung, die Stammheimer Gefangenen seien ermordet worden. Was Reue angehe - hätten denn die USA Reue über den Vietnam- Krieg gezeigt?



Und der Moderator läßt sie das alles sagen, stellt freundliche, verständnisvolle Fragen. Keine Spur von der üblichen Distanzierung - "Das ist jetzt Ihre Meinung", "Das lassen wir mals so stehen", "Da gibt es auch andere Auffassungen" -, mit der die Moderatoren des WDR jede auch nur minimal von der PC abweichende politische Äußerung zu kommentieren pflegen.

Ganz vorsichtig äußert er, der Moderator Wiebicke, Zweifel und Kritik - er will den beiden Verbrechern, wie es scheint, um Gottes Willen nicht zu nahe treten.

Als er eine Schilderung des bestialischen Mords an dem Attaché von Mirbach in Stockholm vorliest, bricht er ab und sagt sinngemäß: "Das Weitere will ich Ihnen ersparen". Ja gewiß, einem Mörder sollte man es ersparen, die blutigen Einzelheiten seiner Tat geschildert zu bekommen.

(Unnötiges Zartgefühl, denn Dellwo sagt, dieses Geschehen verfolge ihn keineswegs. Er sehe das rational).



Man stelle sich vor, Nazi- oder Neonazi-Täter hätten sich öffentlich so zu ihren Morden an unschuldigen Menschen geäußert, und ein Moderator hätte sich so verhalten wie der Moderator dieser Sendung.

Die Sendung wird noch mehrfach wiederholt. Anhören! Der obige Link führt zu den weiteren Sendeterminen. Man kann sich die Sendung auch als PodCast herunterladen.



Und da ich nun schon beim Ergänzen bin: Die Schrift "Das Konzept Stadtguerrilla", die ich in der Diskussion zu dem vorausgehenden Beitrag erwähnt habe, ist 1971 von Ulrike Meinhof verfaßt worden.

Man kann sie hier lesen. Hier ist die Titelseite abgebildet. Und meinen Kommentar dazu findet man hier.