1. März 2007

Zettels Meckerecke: Die demoskopische Zeitbombe

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, bei Gelegenheit einmal lobend auf die neue WebSite von Welt Online aufmerksam zu machen. Hervorgegangen aus "Welt.de", aber weit besser: Ähnlich aktuell und umfassend wie "Spiegel-Online", aber nicht so agitatorisch, vor allem ohne den Anti- Amerikanismus, mit dem "Spiegel-Online" sich immer wieder selbst diskreditiert.

Nun also mache ich auf "Welt-Online" aufmerksam - aber mit einer kritischen Anmerkung. Heute steht dort ein Artikel, der sich unter anderem mit der Lage in Pakistan befaßt. Zitat daraus:
In Pakistan leben 170 Millionen Menschen, 40 Prozent sind unter 14 Jahre alt. Trotz dieser demoskopischen Zeitbombe würden die USA, laut der Washington Post, weniger für die Bildung in Pakistan ausgeben, als die Stadt von Portland Maine für ihre Schüler und Studenten.
Kein Druckfehler; denn die "demoskopische Zeitbombe" taucht auch in einer Zwischenüberschrift auf.



Fremdwörter sind Glückssache, sagt man. "Demographisch" und "demoskopisch" - was soll's? Beide Begriffe beinhalten das griechische "demos", Volk. Der eine hängt ein "skopein" dran - ein Beschauen. Der andere ein "graphein" - beschreiben. Volksbeschau also, Volksbeschreibung. Kein großer Unterschied.

In der Tat. Und deshalb wäre das offensichtlich gemeinte "demographische Katastrophe" streng genommen auch falsch gewesen. Progonostiziert wird ja nicht eine Katastrophe der Demographie, also der Bevölkerungswissenschaft. Sondern prognostiziert wird ein katastrophales Anwachsen der Bevölkerung.

Nur haben wir dafür keine griffige Bezeichnung. Und verfahren also so, wie auch in anderen Bereichen: Wir vermengen die Wissenschaft mit ihrem Gegenstand.

Wir sagen, jemand habe "psychologische Probleme". Die hätte er aber nur, wenn er nicht mit seinem Psychologen zurechtkäme, oder wenn er als Psychologiestudent Schwierigkeiten in seinem Studium hätte. Was wir meinen, sind "psychische Probleme".

Zwei weitere Beispiele: Wir sprechen von der "geographischen Lage" eines Landes, von "meteorologischen Veränderungen".

Beides falsch, strenggenommen. Eigentlich müßte wir von der "Erdlage" sprechen; aber dieses Wort habe ich eben erst erfunden. Beim zweiten Beispiel ist Korrektheit hingegen leicht: Warum nicht "Klimänderung" sagen, oder "Wetteränderung"? Das ist nicht nur sprachlich richtig, sondern auch präziser als das schwammige "meteorologische Veränderung".