18. März 2008

Der Niedergang der französischen Rechtsextremisten

Erinnern Sie sich noch? Nach früheren französischen Kommunalwahlen setzten sich Scharen von Reportern in Bewegung, um aus den Städten und Gemeinden zu berichten, in denen die rechtsextreme Partei Front National von Jean- Marie Le Pen gewonnen hatte.

Darunter waren einmal - vor rund einem Jahrzehnt - Städte wie Orange, Toulon, Marignane und Vitrolles. Die Rechtsextremen begannen bald nach ihren Siegen mit Säuberungen in den eroberten Gemeinden. Aus öffentlichen Bibliotheken verschwanden linke Tageszeitungen wie die Libération (das französische Gegenstück zur "Taz"). In Marignane und Orange wurden die Leiter der Stadtbibliothek entlassen und durch linientreue Nicht- Fachleute ersetzt.

Es sah damals so aus, als könnten die Rechtsextremen wirklich zu einer Gefahr für Frankreich werden. Zumal sie nicht nur auf der kommunalen Ebene erfolgreich waren. Ihren Höhepunkt erreichte die rechtsextreme Welle, als bei den Präsidentschaftswahlen 2002 Le Pen im ersten Wahlgang mit 16,9 Prozent den Kandidaten der Linken, Lionel Jospin (16,2 Prozent) knapp schlug und damit in den zweiten Wahlgang einzog.

Schlimmer noch: Le Pen hatte fast im gesamten Osten Frankreichs, von der belgischen Grenze bis an die Côte d'Azur, die (relative) Mehrheit gewonnen (dunkelblau in der Karte oben).

Im zweiten Wahlgang allerdings zeigte sich, daß Le Pen über das Potential, das er im ersten Wahlgang erreicht hatte, kaum hinauskam. Jacques Chirac siegte über ihn mit dem besten Ergebnis, das jemals ein französischer Präsident erreicht hatte - 82,2 Prozent.



Von da an ging's bergab mit den französischen Rechtsextremen. Schon die Wahlen des vergangenen Jahres und jetzt noch mehr die Kommunalwahlen haben das gezeigt; diesmal drastisch.

In vielen seiner früheren Hochburgen trat der FN erst gar nicht mehr an. Nur in 85 Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern stellten die Rechtsextremen überhaupt noch Listen auf, halb so viel wie die trotzkistische Ligue Communiste auf der extremen Linken und 63 Prozent weniger als noch bei den letzten Wahlen.

Viele ihrer Kandidaten haben die Partei verlassen und sich demokratischen rechten Parteien angeschlossen; entweder der UMP (der Partei Präsident Sarkozys) oder dem konservativen MPF von Philippe de Villiers. Der frühere FN-Bürgermeister von Orange, Jacques Bompard, ist beispielsweise zum MPF gewechselt; in Vitrolles sind die beiden FN-Politiker Alain Césari und Norbert Rodriguez erst zum MPF und jetzt zur UMP übergetreten. Anderswo hatten ehemalige Rechtsextreme zu den jetzigen Wahlen eine eigene Liste (CNI) aufgestellt, verbündet mit der UMP.

Die Folge ist, daß nach den Wahlen vom Sonntag der FN in keiner einzigen Stadt Frankreichs mehr regiert. Die letzte Chance der Rechtsextremen war Hénin-Beaumont, eine Gemeinde im Nordosten Frankreichs, in der überwiegend Arbeiter wohnen. Dort kandidierte Le Pens Tochter Marine, eine attraktive und eloquente Dame. Auch sie verlor; gegen den Linken Gérard Dalongeville.



Dagegen hat sich die Kommunistische Partei Frankreichs (die Schwesterpartei unserer deutscher "Die Linke"; nicht zu verwechseln mit der trotzkistische Ligue Communiste Révolutionnaire) gut behauptet. Sie erhielt im ersten Wahlgang immerhin 421.800 Stimmen gegenüber nur noch 150.242 Stimmen (in ganz Frankreich! - das sind 0,93 Prozent) für den FN. Nach dem zweiten Wahlgang haben die Kommunisten jetzt insgesamt 1.857 Sitze in Gemeindeparlamenten; die Rechtsextremen gerade einmal 63.

Es sieht demnach so aus, als liefen dem FN auf zwei Seiten die Wähler (und die Mandatsträger) davon: Die Rechtskonservativen hin zu den demokratischen rechten Parteien; die Protestwähler aus der Arbeiterschaft zurück zu den Kommunisten.

Übrigbleiben dürfte der harte Kern derer, die wirklich einer rechtsextremen Ideologie anhängen. Aber wie auch in Deutschland hat eine solche auf ihren Kern reduzierte extremistische Partei keine Chance.

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