4. August 2008

Marginalie: Diplomatisches Spiel im Nahen Osten - mit Kriegsrhetorik im Hintergrund

Gestern übertrug der iranische Sender PressTV - ein erstaunlich professionell gemachter Nachrichtensender im Stil von CNN - eine gemeinsame Pressekonferenz von Assad und Ahmadinedschad zum Abschluß von Assads Besuch in Teheran.

Es begann mit fast einer halben Stunde Verzögerung, während deren die arme Moderatorin, unter ihrem Kopftuch erkennbar immer nervöser werdend, die Zeit mit der Wiederholung immer derselben Sätze zu überbrücken versuchte, bevor eine Filmeinspielung sie erlöste. Dann also das, was Pressekonferenz hieß:

Die beiden Staatsmänner auf ihren Sesseln wie auf je einem Thron hockend, dazwischen ein Tisch mit einem Wald aus Mikrophonen. Rechts und links von ihnen stehend je eine Menschengruppe; vermutlich Ratgeber aus der Delegation. Die Kamera blieb ständig auf Assad und Ahmadinedschad gerichtet; die fragenden Journalisten hörte man aus dem Off. Einige wenige Fragen, offenbar eher Stichwörter für vorbereitete Erklärungen der beiden.

Jede Antwort wurde laut in die Sprache des jeweils anderen übersetzt; dann hörte man die Übersetzung ins Englische. Das Timing war so, daß ich oft nicht wußte, welche Antwort von wem jetzt gerade auf Englisch zu hören war.

Aber das Bild, das sich herausschälte, war doch ziemlich eindeutig: Beide versicherten, wie perfekt die Übereinstimmung sei, wie eng die Zusammenarbeit usw. Und dabei fiel ein Satz, von dem ich wegen dieser Überstzungsprobleme leider nicht sicher sagen kann, wem der beiden er zuzuordnen ist: Daß Israel immer mehr der Kontrolle der USA entgleite ("gets out of control by the USA", wenn ich den Übersetzer richtig verstanden habe).



Wenn man auf die WebSite von PressTV geht, dann findet man dort im Augenblick unter anderem die folgenden Artikel:
  • Iran builds advanced naval weapon. Ein Bericht über eine neue Waffe für iranische Kriegsschiffe, die "in der Lage ist, jedes Schiff innerhalb von 300 km auf den Meeresgrund zu schicken". Der Iran sei, so sagte der Kommandeur der Revolutionsgarde, Generalmajor Mohammad-Ali Jafari, in der Lage, die Meerenge von Hormus zu schließen.

  • Iran produces 'stealth' fighter jets. Brigadegeneral Ahmad Miqani teilte mit, daß der Iran für Radar unsichtbare Kampfflugzeuge entwickelt habe. Weiterhin seien neue Panzer im Einsatz; es gebe ein neues elektro- optisches System, das beim Ausfall von Radar dessen Funktion übernehmen könne. "He added that the Iranian Air Force would prove its dominance by immediately crushing anyone who dares to try and penetrate Iran's airspace". Er fügte hinzu, daß die Iranische Luftwaffe ihre Überlegenheit unter Beweis stellen würde, indem sie jeden sofort vernichtet, der versuchen würde, in den iranischen Luftraum einzudringen.

  • Cheney weighs fratricide to sell war on Iran. Nach einem Bericht des US-Journalisten Seymour Hersh hätte Vizepräsident Cheney erwogen, US-Boote als iranische Boote zu tarnen und in der Meerenge von Hormus US- Kriegsschiffe angreifen zu lassen, um einen Krieg zu provozieren. Die Idee sei allerdings verworfen worden.

  • Friedman: Iran war may prompt $300 oil. Bericht über Äußerungen eines amerikanischen Analysten namens George Friedman, wonach die USA und Israel den Iran nicht angreifen könnten, weil das verheerende Folgen für die Weltwirtschaft haben würde.

  • Aoun: Israeli attack on Iran lunacy. Der libanesische Parteiführer Michel Aoun habe gesagt, daß ein Angriff Israels auf den Iran unmöglich sei, obwohl es immer noch Verrückte gebe, die einen solchen Angriff erwägen würden.



  • Das alles zur selben Zeit auf der Startseite von PressTV. Die Möglichkeit bzw. die angebliche Unmöglichkeit, jedenfalls angebliche Aussichtslosigkeit eines israelischen Angriffs auf den Iran ist offensichtlich das vorherrschende Thema der momentanen iranischen Propaganda.

    Welche Rolle spielt Assad in dieser Situation? Er hat, so wurde berichtet, bei seinem Besuch in Paris Präsident Sarkozy versprochen, im Atomkonflikt zu vermitteln. Jedenfalls auf der Pressekonferenz war davon nicht nur nichts zu erkennen, sondern Assad versicherte sogar ausdrücklich das Gegenteil: "I did not come on this visit as a mediator nor a messenger and I did not bring with me any messages from Western sources." Er sei nicht als Vermittler oder Bote gekommen und hätte keineswegs Nachrichten aus westlichen Quellen mitgebracht.

    In der Jerusalem Post sieht Herb Keinon den Zweck des Besuchs denn auch anders: "... the real purpose of Assad's visit was to strengthen the ties between the two countries". Der wahre Zweck des Besuchs sei es gewesen, die Bande zwischen den beiden Staaten zu stärken.

    Dann allerdings hätten Assad und Ahmadinedschad auf der Pressekonferenz genau die Wahrheit gesagt.



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