26. August 2008

Zitate des Tages: "Die Seelen nehmen Form an, und die Leiber". Jähne, Hacks, Ypsilanti

Denn zu verkaufen, besser, zu vermitteln hatte der erste Kosmonaut der DDR einiges. Zum Beispiel das Bild eines Berufsoffiziers der NVA, eines Elitepiloten und respektierten Mitgliedes der SED. (...) Und er war vielen Symbol für jenes Reich der Möglichkeiten, das Peter Hacks später so besang: "Wer reifen wollte, war befugt zu hoffen. Die Seelen nahmen Form an, und die Leiber. Dem Ärmsten stand die höchste Stelle offen. Was Männer durften, durften auch die Weiber." Danke Sigmund Jähn.

Die kommunistische "Junge Welt" heute in einem Artikel über den DDR- Kosmonauten Sigmund Jähn, der vor dreißig Jahren mit "Sojus 31" zu einem Raumflug startete.



Schließlich gab es jedoch vor allem ein Wort, in Peking selbst von den eifrigsten "Demokraten" gemieden: Das Wort "Freiheit", "individuelle Freiheit", auch unter Linken gelegentlich in Mode. Man ist geneigt, die undankbare Rolle des kleinen Jungen aus dem herrlichen Märchen von Hans Christian Andersen "Des Kaisers neue Kleider" leicht abgewandelt zu übernehmen: "Die Freiheit, von der ihr so unermüdlich verkündet, gibt es doch gar nicht!" (...)

Nehmen wir das faszinierende Bild der schlanken Ruderboote auf dem Wasser ... Es wäre zutiefst peinlich, angesichts dieses Panoramas von persönlichen Freiheiten zu schwadronieren, denn allein die Legierung ist das Erfolgsrezept.


Walter Ruge in derselben Ausgabe der "Jungen Welt".



... auch die Bundesspitze der Linken scheint sich mittlerweile für eine Koalition zu erwärmen. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte der Frankfurter Rundschau (Montagausgabe), sollte die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti Koalitionsverhandlungen anstreben, "werde ich mich dafür einsetzen, daß wir da nicht nein sagen".

Die "Junge Welt" in derselben Ausgabe.



Kommentar: Drei Artikel, zufällig in derselben Ausgabe derselben Zeitung. Wie der Zufall es will, ergänzen sie einander aufs Schönste:
  • Der nostalgische Rückblick auf die DDR mit dem (unfreiwillig entlarvenden) Zitat von Peter Hacks (einem Verehrer von Ulbricht und Stalin);

  • die zynische Ablehnung der Freiheit des Individuums mit Verweis auf den Sport durch den Altkommunisten Walter Ruge (Titel des Artikels: "Olympia retrospektiv: Gedanken zum Verhältnis von Freiheit und Sport");

  • und die nüchterne Meldung darüber, daß die Kommunisten in Wiesbaden am liebsten auf die Salamischeibe der Tolerierung verzichten und gleich die Koalition als das kräftigere Stück Wurst abschneiden würden.
  • Sie können immer ungehemmter die DDR verherrlichen und sich über die Freiheit lustig machen, weil sie immer sicherer darauf rechnen können, bald in der Bundesrepublik an der Macht beteiligt zu sein.



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