10. Oktober 2008

Zitat des Tages: "Exzesse gab es schon, bevor es die Wall Street gab"

John McCain and Barack Obama talk as if it was all down to the greed of modern bankers. But financial excesses existed centuries before a brick had been laid on Wall Street.

... today’s bust — and the bubble that preceded it — had several causes besides dodgy lending, including a tide of cheap money from emerging economies, outdated regulation, government distortions and poor supervision.


(John McCain und Barack Obama reden so, als läge alles an der Gier der heutigen Banker. Finanzielle Exzesse gab es allerdings schon Jahrhunderte bevor in der Wall Street ein einziger Stein vermauert wurde.

... die heutige Krise - und die Blase, die ihr vorausging - hatten eine Reihe von Ursachen, neben der Vergabe fragwürdiger Kredite. Dazu gehört eine Flut billigen Gelds aus den aufstrebenden Volkswirtschaften, eine überholte Regulierung, staatliche Verzerrungen und schlechte Überwachung.)

Der Economist im Leitartikel seiner aktuellen Ausgabe über die Finanzkrise.

Kommentar: In "The Outside of the Asylum" hat Califax trefflich beschrieben, wie alle jene, die von Volkswirtschaft so viel verstehen wie ich - also wenig oder nichts - gleichwohl fest davon überzeugt sind, sie wüßten, wie das alles gekommen ist:
Es geht fröhlich hin und her, wobei streng auf die Einhaltung der ideologischen Grenzen geachtet wird. Die Gier ist schuld, der Staat ist schuld, zuviel Regulierung hat die Krise verursacht, zuwenig Regulierung hat sie ermöglicht, bla, bla, bla…
Bei diesem Blabla hat im Augenblick die Juso- Vorsitzende Franziska Drohsel den Vogel abgeschossen, die in einem heute in der FAZ veröffentlichten Interview sagte:
Die Finanzkrise bestätigt uns darin, dass unsere Kritik am Kapitalismus richtig war und ist. Man kann sagen: Dieses System fährt vor die Wand. Das sieht man jetzt sehr deutlich. (...) Oskar Lafontaine war nicht der einzige Linke, der vor den Auswüchsen des ungebändigten Kapitalismus gewarnt hat. ... All diejenigen, die das getan haben, können sich heute bestätigt fühlen. Vergangenen Sommer mussten diese sich noch in Heiligendamm von Wasserwerfern wegräumen lassen.
Nun sind damals ja die Demonstranten nicht von Wasserwerfern weggeräumt worden, weil sie vor Auswüchsen des ungebändigten Kapitalismus gewarnt haben, sondern weil sie auf eine ungebändigte Art, weil sie in Gestalt von Auswüchsen gegen den Kapitalismus demonstriert haben.

Aber ob nun zu wenig Bändigung oder vielleicht doch gerade zu viel Bändigung: Wie immer das Geflecht von Ursachen beschaffen ist, das die jetzige schwere Krise bewirkt hat - vorerst geht es darum, sie in den Griff zu bekommen.

Der Leitartikel des Economist hält dafür Maßnahmen mit drei Zielrichtungen für erforderlich:

Erstens den blockierten Kreditmarkt wieder flottbekommen, indem die Zentralbanken vorübergehend den kurzfristigen Bedarf an Bargeld befriedigen.

Zweitens die Banken mit Liquidität versorgen, damit sie nicht arbeitsunfähig werden.

Drittens muß die Auswirkung der Krise auf die Realwirtschaft gedämpft werden, die in eine Deflationskrise zu geraten droht. Ein Mittel zur Gegensteuerung sind die jetzt beschlossenen Senkungen der Zinssätze.

Wenn man diesen Zielen näherkommt - und weltweit arbeiten die Regierungen ja daran -, dann, so die Autoren des Leitartikels, wird es immer noch schwer genug werden, aber es besteht Aussicht auf Erfolg:
Even in the best of circumstances, the consequences of the biggest asset and credit bubble in history will linger. But if the panic is stemmed, it could be a manageable problem, cushioned by the economic strength in the emerging world.

Selbst unter günstigsten Umständen werden die Folgen der größten Anlagen- und Kreditblase in der Geschichte fortdauern. Aber wenn die Panik eingedämmt werden kann, dann könnte es ein beherrschbares Problem sein, abgefedert durch die ökonomische Stärke in der aufstrebenden Welt.


Wer verstehen will, wo eigentlich die 700 Milliarden geblieben sind, die jetzt den US-Banken fehlen, dem empfehle ich in "Zettels kleinem Zimmer" diesen Thread, in dem Kundige diese Frage diskutieren.

Für Kommentare bitte hier klicken.