5. Oktober 2009

Zitat des Tages: Wie ein Verlag sich dem Islamismus in vorauseilendem Gehorsam unterwirft. Nebst einer Erinnerung an die Freiheit in der Adenauer-Zeit

Aus Angst vor Bedrohungen durch Islamisten hat der Düsseldorfer Droste Verlag einen Roman kurz vor Drucklegung wieder aus dem Programm genommen. Im September hätte "Wem Ehre gebührt" erscheinen sollen, ein Krimi der Autorin Gabriele Brinkmann (Pseudonym: W. W. Domsky) über einen Ehrenmord. (...) "Spätestens nach den Mohammed-Karikaturen weiß man, dass man Sätze oder Zeichnungen, die den Islam diffamieren, nicht veröffentlichen kann, ohne ein Sicherheitsrisiko einzugehen", sagt Droste.

Aus einer Vorabmeldung zum "Spiegel" dieser Woche (41/2009).


Kommentar: Ich fürchte, diese Meldung wird es nicht in die Schlagzeilen schaffen. Was vor zwanzig Jahren noch weltweit für eine Welle der Empörung sorgte, als Islamisten Salman Rushdie wegen eines Buchs bedrohten, ist nachgerade zur Normalität geworden. Für das Recht des Droste- Verlags, ein Buch von Gabriele Brinkmann zu publizieren, wird vermutlich niemand auf die Straße gehen.

Nun kann man argumentieren, dieser Verlag sei ja gar nicht bedroht worden; er hätte vielmehr nach Abwägung der Gesichtspunkte in eigener Verantwortung eine Entscheidung getroffen. Aber das genau ist ja das Problem.

Das Schlimme an der Methode des Terrorisierens ist, daß der mit Terror Drohende seine Ziele in der Regel erreicht, ohne seine Drohung realisieren zu müssen. Es genügt, Angst zu erzeugen.

Bücher, die terroristische Akte auslösen könnten, werden, wie in diesem Fall gar nicht erst mehr produziert. Der nächste Schritt wird sein, daß Autoren gar nicht erst mehr den Verlagen Texte anbieten, die eine so begründete Ablehnung auslösen könnten. Die de-facto- Zensur ist dann perfekt.



Der Versuch, Bücher zu zensieren, die aus religiöser Sicht Anstößiges enthalten, ist keineswegs auf den Islam beschränkt; wenngleich es im Augenblick ganz überwiegend Islamisten sind, die das versuchen.

Auch in der Adenauer- Zeit gab es den Versuch, religiös anstößige Texte zu zensieren. Einer der bekanntesten Fälle betraf den Autor Arno Schmidt und seinen (übrigens wunderbaren) Text "Seelandschaft mit Pocahontas"; das war im Jahr 1956.

Aber zum einen ging damals niemand den Weg der Drohungen mit Gewalt, sondern die klagenden Katholiken wählten selbstverständlich den Rechtsweg. Und zum anderen wurde Schmidt von den Vorwürfen der Pornographie und der Gotteslästerung freigesprochen; für einige Details siehe Wir Achtundsechziger (1): Wie alles anfing; ZR vom 4. Juni 2007.

Was die Freiheit der Literatur angeht, kann man sich also inzwischen die Adenauer- Zeit zurückwünschen.



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