8. November 2009

Marginalie: Mein kleiner Liebling, der Enzezehn

Anfang der achtziger Jahre, als der angesagte Editor Wordstar hieß, habe ich einen word processor verwendet, der damals revolutionär war. Sein Name war Nota Bene. Er war viel mehr als ein Texteditor, nämlich auch eine Datenbank mit einer komfortablen Suchfunktion und eine Literaturverwaltung, bei der man zur Erstellung des Literaturverzeichnisses für jede der größeren Fachzeitschriften das dort verlangte Format einstellen konnte. Zu DOS-Zeiten war das alles Neuland; das Feinste vom Feinsten.

Ich habe monatelang mit der Uni- Verwaltung gekämpft, bis sie mir erlaubt hat, ihn anzuschaffen. Denn der uni- einheitliche Standard sollte Wordstar sein. Am Ende durfte ich das damals sehr teure Programm kaufen. Zu meiner Freude gibt es Nota Bene noch immer; jetzt natürlich für Windows.

Nota Bene warb damals, wie üblich, mit lobenden Worten von Benutzern. Eines dieser testimonials ist mir in Erinnerung, weil es genau meiner Erfahrung entsprach: "It's an extension of your personality"; das Programm sei eine Erweiterung meiner Persönlichkeit.

Ja, genau so war es. Und genau das erlebe ich jetzt wieder mit meinem kleinen Liebling, dem NC10.



Daß er das werden würde, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Als wir im September im Urlaub waren, wollte ich ZR und das kleine Zimmer nicht völlig vernachlässigen und habe mir deshalb dieses Netbook von Samsung gekauft, zusammen mit einem Webstick. Schön klein und leicht; ideal für diesen Campingurlaub und spätere Reisen, so dachte ich es mir.

Für zu Hause wollte ich mir einen neuen Desktop leisten und hatte nur auf den Start von Windows 7 gewartet. Ich arbeitete nämlich immer noch an meinem betagten Compaq Presario aus dem Jahr 2000; mit Windows Me und einer Festplatte mit damals sagenhaften 40 Gigabyte (die ich übrigens in neun Jahren nicht vollbekommen habe).

Nun hatte ich aber erst mal den NC10 und habe, wie man das so macht, damit begonnen, ihn einzurichten. Dateien vom alten Rechner übertragen, Windows und die Google Toolbar anpassen, Programme installieren; vor allem die Bookmarks für die Zeitungen, Blogs usw., die ich gewöhnlich lese, schön übersichtlich auf eine Leiste bringen.

Je mehr ich den Kleinen auf diese Art ausstaffiert habe, umso mehr wuchs er mir ans Herz. Die Tastatur machte anfangs Probleme, aber jetzt wissen meine Finger, wo was ist, und ich schreibe wieder genauso schnell wie auf einer ausgewachsenen Tastatur. Oder vermutlich schneller, denn für diese müßten meine Finger wieder umlernen.

Nun frage ich mich, wozu ich eigentlich einen neuen Desktop brauche. Ich spiele keine Spiele, außer mal Tetris und Solitär. Ich sehe mir am Rechner keine Filme an; dazu gibt es das TV und den DVD-Player. Ich werde die bescheidenen 160 Gigabyte des NC10 so wenig füllen können wie in neun Jahren die 40 GB des Presario.

Und vor allem: Der Kleine ist jetzt an extension of my personality. Er ist ein Individuum, einmalig auf dieser Welt mit gerade diesen Programmen, Dateien, Einstellungen.

Natürlich könnte ich ihn auf einem Desktop klonen. Aber warum sollte ich?



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