14. November 2009

Zitat des Tages: "Politische Korrektheit ist eine Gefahr". Der Publizist und Psychiater Charles Krauthammer zum Fall Nidal Hasan (Teil 1)

Medicalizing mass murder not only exonerates. It turns the murderer into a victim, indeed a sympathetic one. (...)

Have we totally lost our moral bearings? Nidal Hasan (allegedly) cold-bloodedly killed 13 innocent people. His business card had his name, his profession, his medical degrees and his occupational identity. U.S. Army? No. "SoA" -- Soldier of Allah. In such cases, political correctness is not just an abomination. It's a danger, clear and present.


(Die Vermedizinerung des Massenmords entlastet nicht nur. Sie verwandelt den Mörder in ein Opfer, ja sogar in ein sympathisches. (...)

Haben wir völlig unsere moralische Peilung verloren? Nidal Hasan hat - so die Beschuldigung - eiskalt 13 unschuldige Menschen getötet. Seine Visitenkarte trägt seinen Namen, seinen Beruf, seine Titel in Medizin und seine berufliche Tätigkeit. Bei der US-Armee? Nein. "SoA" - Soldier of Allah [Soldat Allahs]. In solchen Fällen ist politische Korrektheit nicht nur grauenhaft. Sie ist eine Gefahr, klar und gegenwärtig.)

Charles Krauthammer in seiner aktuellen Kolumne in der Washington Post zum Fall des Nidal Hasan, der in Fort Hood einen Massenmord an seinen Kameraden beging.


Kommentar: Der Fall des Nidal Hasan ist schon durch die Medien; es gibt jetzt anderes Spektakuläres zu berichten. Ich habe einen der Hintergründe dieses Verbrechens - die Verbindung Hasans zu einem islamistischen Haßprediger - am Dienstag kommentiert ("Nidal Hassan ist ein Mann mit Gewissen". Ein Imam äußert sich zu einem Massenmord; ZR vom 10. 11. 2009). Jetzt komme ich noch einmal auf den Fall zurück, weil inzwischen ein neuer Aspekt sichtbar geworden ist.

Zuerst bin ich auf diesen Aspekt vor einigen Tagen in einem Bericht von CNN aufmerksam geworden, in dem Anderson Cooper sich mit der Frage befaßte, warum eigentlich niemand in der Armee die Anzeichen dafür ernst genommen hatte, daß Hasan sich zu einem islamistischen Extremisten entwickelte.

Anderson interviewte unter anderem einen ehemaligen Offizier, der aus seiner Erfahrung berichtete: Rassische und religiöse Diskriminierung sei in der US-Armee strikt untersagt. Wer den Anschein erwecke, er wolle jemanden wegen seines Glaubens diskriminieren, gefährde damit seine Karriere. Deshalb sei es vor allem für niedere und mittlere Offiziersdienstgrade besser, in einem Fall wie dem von Nidal Hasan zu schweigen.

Anderson Cooper hat das mit allem Vorbehalt kommentiert; allerdings von ähnlichen Stimmen aus der Armee berichtet. Mir schien das zu wenig belegt, um darüber zu schreiben. Nun ist aber gestern die Kolumne von Krauthammer erschienen, eines in seinen Meinungen zwar expliziten, in Hinsicht auf Fakten aber absolut zuverlässigen Autors.

Was er berichtet, ist nun allerdings alarmierend.

Nidal Malik Hasan hat, bevor er nach Fort Hood versetzt wurde, am Walter- Reed- Militärhospital gearbeitet. Dort spielte sich laut National Public Radio NPR (einer Kette von Radiostationen, unseren Öffentlich- Rechtlichen vergleichbar) die folgenden bizarre Episode ab:

An amerikanischen Krankenhäusern mit einer akademischen Ausbildung gibt es die sogenannten Grand Rounds; wir würden das Kolloquien nennen. Die Ärzte und Studenten versammeln sich zu einem Vortrag, in dem jemand Fälle vorstellt oder über Therapien berichtet. Es sind die wichtigsten Veranstaltungen, in denen Kollegen ihre Ergebnisse austauschen und sich weiterbilden. Es wird ein hoher wissenschaftlicher Standard erwartet.

Auf einem solchen Kolloquium hielt hielt auch Hasan seinen Vortrag. Und worüber sprach er? Ein damaliger Kollege erinnert sich: "Hasan apparently gave a long lecture on the Koran and talked about how if you don't believe, you are condemned to hell. Your head is cut off. You're set on fire. Burning oil is burned down your throat." - Hasan hielt offenbar einen langen Vortrag über den Koran. Er sprach davon, daß Ungläubige in die Hölle kämen, daß sie enthauptet oder verbrannt werden würden, daß ihnen kochendes Öl in den Hals geschüttet würde.

Hasan habe das offensichtlich geglaubt, was er da schilderte. Aber nichts geschah daraufhin. Man tuschelte über ihn - "Ist er ein Fanatiker, oder ist er nur ein Spinner?" -, aber er konnte weiter praktizieren und wurde dann nach Fort Hood versetzt, wo er die Tat beging.



Nach 9/11 hat es Fälle der Diskriminierung von Moslems gegeben. Dagegen hat sich in den USA ein großer Teil der Öffentlichen Meinung gewandt. Zu Recht; aber es scheint, daß dabei ein Klima entstanden ist, in dem man das Offensichtliche nicht mehr sieht oder sehen will.

Wenn ein solches Massaker nicht in einer Kaserne, sondern in einer Schule begangen wird und wenn der Täter nicht ein Soldat, sondern ein Schüler ist, dann fragt sich die ganze Öffentlichkeit, warum denn niemand die Warnzeichen bemerkt hatte. Bei Nidal Hasan waren die Warnzeichen überdeutlich, aber man hat sie nicht sehen wollen.

Und auch im Nachhinein wurde - Krauthammer belegt das mit Zitaten - der islamistische Hintergrund der Tat heruntergespielt. Stattdessen hat man das versucht, was Krauthammer, der selbst jahrelang als Psychiater gearbeitet hat, die "Vermedizinerung" des Falls nennt: Hasan sei durch die Arbeit mit traumatisierten Patienten selbst traumatisiert worden.

Krauthammers Fazit:
Was anything done about this potential danger? Of course not. Who wants to be accused of Islamophobia and prejudice against a colleague's religion? One must not speak of such things. Not even now. Not even after we know that Hasan was in communication with a notorious Yemen-based jihad propagandist.

Hat man etwas gegen diese potentielle Gefahr getan? Natürlich nicht. Wer will der Islamophobie und des Vorurteils gegen die Religion eines Kollegen beschuldigt werden? Über dergleichen darf man nicht sprechen. Auch jetzt noch nicht. Selbst noch nicht, seit wir wissen, daß Hasan mit einem bekannten Propagandisten des Dschihad im Jemen in Kontakt stand.



Für eine Tat wie die von Fort Hood gibt es stets mehr als nur ein einziges Motiv. Bei einem Schulmassaker wie dem von Winnenden (siehe Anmerkungen zum Schulmassaker in Winnenden; ZR vom 11. 3. 2009) wird das ausführlich diskutiert; und stets wird auch sorgfältig danach geforscht, ob es nicht vielleicht auch einen politischen, einen rechtsextremen Hintergrund gibt.

Der extremistische Hintergrund des Massakers von Fort Hood liegt offen zutage. Aber viele wollten und wollen nicht hinsehen.




Nachtrag am 15. 11., 0.45: Inzwischen bin ich auf einen Artikel von Dana Priest in der Washington Post vom 10. 11. aufmerksam geworden, der mir beim Schreiben dieses Beitrag entgangen war.

Er enthält zum einen Einzelheiten über den Vortrag am Walter- Reed - Militärkrankenhaus. Es war nicht irgendein Vortrag in einer Grand Round, sondern dieser Auftritt Nidal Hasans war, wie Priest schreibt, "a culminating exercise of the residency program", ein krönender Abschluß seiner Ausbildung zum Facharzt. Normalerweise werden solche Vorträge mit den ausbildenden Ärzten im voraus besprochen.

Das scheint hier nicht geschehen zu sein, denn statt des erwarteten Vortrags zu einem medizinischen Thema sprach Hasan über "The koranic world view as it relates to muslims in the US. military" - die Weltsicht des Koran in ihrer Beziehung zu Moslems im US-Militär.

Es ist Dana Priest gelungen, sich die Folien zu diesem Vortrag zu besorgen; die Powerpoint- Präsentation ist ihrem Artikel beigefügt.

Der Vortrag hat nicht nur nichts mit Medizin zu tun, steckt nicht nur voller orthographischer und grammatischer Fehler, sondern seine Botschaft ist auch kristallklar.

Die ersten Folien enthalten ein paar Definitionen und statistische Daten zum Islam, die jeder sich in einer halben Stunde aus dem Internet ziehen kann. Der Hauptteil besteht aus Zitaten aus dem Koran.

Sie und seine diese interpretierenden Folien lassen keinen Zweifel daran, worauf er hinauswill. Und das sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Wenn Sie nicht alle 50 Folien durchsehen wollen, dann schlage ich Ihnen vor, gleich zur Folie 48 zu gehen und sich diese und die beiden anschließenden anzusehen.

Der letzte Punkt in Folie 48 lautet: "We love death more than you love life!" - Wir lieben den Tod mehr als ihr das Leben. Auf Folie 49 steht unter anderem "Fighting to establish an Islamic State to please God, even by force, is condoned by Islam" - Der Islam erlaubt es, für die Errichtung eines Islamischen Staats zur Ehre Gottes zu kämpfen, auch mit Gewalt.

Und auf Folie 50 steht als "Empfehlung" Nidal Hasans:"Department of Defense should allow Muslim Soldiers the option of being released as "Conscienctious Objectors" to increase troop morale and decrease adverse events". Das Verteidigungsministerium solle moslemischen Soldaten die Wahl lassen, als "Verweigerer aus Gewissensgründen" aus dem Dienst auszuscheiden, zum Zweck einer Verbesserung der Moral der Truppe und um unerwünschte Vorkommnisse zu verringern".

Das empfahl Nidal Malik Hasan Ende Juni 2007 zum Abschluß seiner Ausbildung zum Facharzt. Im Juli wurde er nach Fort Hood versetzt. Gut zwei Jahre später sollte er nach Afghanistan gehen. Statt das aus Gewissensgründen zu verweigern, beging er einen Massenmord an seinen Kameraden.



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