25. Oktober 2012

Vier Arten Armut

Der Blätterwald rauscht: Unsere treuen Staatsbediensteten haben eine neue "Studie" zum Thema der angeblichen Armut im Lande veröffentlicht und konnte auftragsgemäß eine ordentliche Steigerung vermelden.

Dieses Ergebnis war möglich, weil man gleich drei verschiedene Ideen für "Armut" untersuchte. Und wenn die eine nicht half, dann war der Proband halt nach einer anderen Variante "arm".
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Da gab es erstens die bewährte "relative Armutsgefährdung". Ein methodisch völlig unbrauchbarer, aber seit Jahren beliebter Ansatz. Er sorgt dafür, daß selbst bei wachsendem Wohlstand immer genügend Fürsorgeobjekte für die Betreuungsbranche zur Verfügung stehen werden.

Zusätzlich wurden aber auch absolute Kriterien abgefragt.
Z. B. wenn Menschen "ihre laufenden Rechnungen nicht begleichen" können. Wobei offenbar nicht untersucht wird, was das nun für Rechnungen sind.
Auch der Besitz von Auto und Farbfernseher und die regelmäßige Urlaubsfahrt gehören nach Definition dazu, um nicht im Elend zu leben.
Umgekehrt reicht es aber, wenn man nur jeden zweiten Tag eine ordentliche Mahlzeit zu sich nimmt.

Noch hanebüchener ist die dritte verwendete Definition. Die stellt nämlich nur darauf ab, ob genügend Personen im Haushalt erwerbstätig sind. Ohne zu fragen, was die Gründe dafür sind und ob nicht auch ohne Erwerbstätigkeit ausreichend Einkommen da ist. Das ist so dumm, daß es sogar dem Spiegel aufgefallen ist.

Ansonsten wird aber auch diese völlig grottenschlechte Statistik von den "Qualitätsmedien" unkritisch nachgebetet.


Interessant ist aber, daß die Statistik auf eine vierte Armutsdefinition nicht eingeht. Nämlich ausgerechnet die, die offiziell vom Gesetzgeber definiert wird: Der Sozialhilfesatz beziffert genau das finanzielle Minimum, das hierzulande ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, mit Nahrung, Wohnung, Kleidung und allen weiteren für die "soziale Teilhabe" relevanten Bedürfnissen. Wer dieses Minimum nicht hat, der bekommt vom Sozialstaat entsprechend Geld - eben damit er nicht arm ist.

Natürlich kann man politisch streiten, ob dieses Minimum ausreichend ist, ob es angesichts der Bedingungen unserer modernen Gesellschaft zu niedrig - oder vielleicht zu hoch ist. Man kann politisch fordern daß auch ein Sozialhilfeempfänger ein Auto finanziert bekommen sollte, oder eine größere Wohnung als derzeit vorgesehen, oder eine Urlaubsreise. Dann gibt es für solche Forderungen einen Mehrheit, oder es gibt sie nicht. Auf jeden Fall ist das dann die offiziell festgestellte Grenze für den Lebensstandard, den jeder Mensch haben sollte und für deren Erreichung der Staat zuständig sein soll.

Wie auch immer aber diese Grenze nun ausfällt: Es kann keine sinnvolle Berechtigung für weitere Definitionen geben, die vom selben Staat dann statistisch aufbereitet und als Basis politischer Maßnahmen verwendet werden.

Die aktuelle Studie ist also nicht nur Murks, weil sie realitätsfremde Definitionen verwendet.
Sie ist alleine schon Murks, weil sie vom Staat erstellt wird, obwohl derselbe Staat nach völlig anderen Kriterien die Armutsgrenze definiert hat und Armut unterhalb dieser Grenze gesetzlich ausgeschlossen ist.
R.A.



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