11. Dezember 2012

In Ägypten machen die Salafisten mobil. Die Kaida versucht sich einzuschalten

Diese Karikatur habe ich der englischprachigen Internet­ausgabe Egypt Independent der ägyptischen Zeitung Al-masry Al-youm entnommen. Der Text lautet auf Deutsch:
"Ein Unterhaltungsspiel"
Eene, meene, mini, muh,
Du bist der Ungläubige, raus bist du!
Der das sagt und dabei blind tippt, ist ein Salafist, erkennbar an seinem Bart.

Die Karikatur illustriert trefflich das, was jetzt offenbar in Ägypten angelaufen ist: Parallel zu dem Bestreben der Moslembrüder, die ganze politische Macht zu erlangen, findet in der Gesellschaft der Versuch einer Kulturrevolution statt. "Ungläubige" werden an den Pranger gestellt; die Kultur soll islamisiert werden.



Gestern Abend berichtete Egypt Independent dazu über eine Aktion von Anhängern des Salafisten Hazem Salah Abu Ismail.

Sie veranstalten vor dem Kairoer Medienzentrum Media Production City seit vier Tagen eine Dauerdemonstration mit der Forderung, "die Medien von bestimmten Moderatoren von Talkshows zu säubern".

Die Polizei verstärkte ihren Schutz der Studios, weil sie fürchtete, daß die Salafisten einen Sturm auf das Gebäude versuchen würden.

Es handelt sich um eine regelrechte Belagerung. Die Fundamentalisten haben 150 Zelte aufgebaut und sogar fünf Klohäuschen aus Backstein errichtet, die sie mit der Kanalisation verbunden haben.

Hazem Salah Abu Ismail, der bei der Präsidentschaftswahl hatte antreten wollen, aber aus formalen Gründen nicht zugelassen wurde, ist ein islamistischer Scharfmacher, der u.a. für die Verschleierung von Frauen, ihre Trennung von Männern am Arbeitsplatz und für die Verheiratung von Jugendlichen ab ihrer Pubertät eintritt.

Gestern nun hat sich auch der Führer der Kaida, Ayman al-Zawahiri mit einem Video in die ägyptische Politik eingeschaltet. Darin wendet er sich an Hazem Salah Abu Ismail und seine Anhänger und fordert sie auf, "die Revolution erneut anzufachen".

Um "Würde und Stolz" zurückzuerlangen, müsse die Scharia durchgesetzt werden. Die "korrupten Machthaber" Ägyptens müßten "gezwungen werden, sich den Forderungen des Volkes zu unterwerfen". Die Gemeinschaft der Moslems müsse hierfür "Opfer bringen".



Die Kaida wird bei uns oft als eine Organisation gesehen, die vorrangig gegen den Westen arbeitet. Die Angriffe auf westliche Einrichtungen sind aber aus der Sicht der Dschihadisten nur Mittel zum Zweck. Indem sie den Kampf gegen den Westen organisieren und als dessen Avantgarde auftreten, wollen sie die Völker der islamischen Länder hinter sich versammeln und dort die Macht übernehmen.

Siehe dazu die Serie Aktuelles zum Krieg der Dschihadisten; insbesondere diese Folge:
Aktuelles zum Krieg der Dschihadisten (11): Die Kaida ist besiegt? Keineswegs. Im Jemen kontrolliert sie bereits "Emirate"; ZR vom 5. 6. 2012
Zettel



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