1. Juli 2013

Warum die SPD am Wahlprogramm der Union mitschreibt


Am 27. Juni lehnte die schwarz/gelbe Regierungskoalition einen Antrag der Fraktion der Grünen ab. Der beinhaltete, was im Wahlkampfprogramm der Union für 2013 steht:
"Damit Wohnraum insbesondere in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten bezahlbar bleibt, werden wir den Ländern zudem die Möglichkeit einräumen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen Mieterhöhungen auf zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete zu beschränken."
Die Grünen wollten die Union vorführen und – es ist ihnen gelungen.
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Die Union sagt nun, sie habe zwar gegen einen Punkt ihres taufrischen Wahlprogramms gestimmt, der einer SPD-Idee entspringt, aber nur um des lieben Koalitionsfriedens willen. Denn die FDP ist gegen eine Mietpreisbindung, wegen des Eingriffes in privates Eigentum.

In ihrem Wahlprogramm macht die Union zwar keine Koalitionsaussage zugunsten der FDP und es sieht eigentlich nicht nach einer Neuauflage aus, aber sei es drum.
Auch wenn dieser Frieden nur noch knapp drei Monate halten muss. Und bis dahin nichts mehr im Bundestag beschlossen werden wird. Es war die letzte Sitzung vor der Bundestagswahl.

Das Kuriose an dieser Mietpreisbremse, um mal eine weitere gebräuchliche Bezeichnung für den gleichen planwirtschaftlichen Vorstoß einer längst regierenden Schattengroßkoalition zu verwenden, ist, dass sie in der Diskussion um die ab 01. Mai gültige Mietrechtsänderung der Regierungskoalition schon einmal im Gespräch war. Damals unter dem Begriff "niedrige Kappungsgrenze bei Neuvermietung".
Sie fand nicht den Weg in die Mietrechtsänderung.

Weil aber die SPD, wahlkämpferisch auf völlig verlorenem Posten sinkend, ein Zeichen setzen wollte, brachte sie einen Gesetzentwurf zur Änderung von § 556 BGB ein:
"Vermietet der Vermieter eine Wohnung erneut, so darf die Miete (Wiedervermietungsmiete) die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr als 10 % übersteigen."
Ich fasse mal zusammen:
Die Union regiert mit der FDP und beschließt mit ihr ein Gesetz. Dann kommt die SPD ein paar Wochen später mit einem Vorschlag zu einer Gesetzesänderung.
Die übernimmt die Union in ihr Wahlkampfprogramm, mit der klitzekleinen Abweichung es den Ländern zu überlassen und nicht zu generalisieren.
Im Parlament stimmt sie dann gegen ihre neueste Idee zur Beschränkung privaten Eigentums.

Ob das eine Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner FDP bedeutet oder der SPD signalisieren soll was man später gemeinsam beschließen möchte, ist eine Sache der Perspektive. Immerhin hat Dr. Werner Hintz in einer Stellungnahme die Chancen des Vorhabens folgendermaßen eingeschätzt: 

Eine Obergrenze für Neuvertragsmieten – ebenfalls vorgeschlagen in den Fraktionsanträgen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen – kann allenfalls für Gebiete mit besonderer Gefährdung der Wohnraumversorgung in Betracht kommen.

Tolle Idee der SPD, die aber nur in der Version der Grünen funktioniert.
Oder der der Union. Warum sollte diese auch einem Antrag der Grünen zustimmen? Dann müsste das Wahlprogramm um eine weitere SPD-Idee erweitert werden. 

Bleibt eigentlich nur noch die Frage warum die Union wieder einmal eine Idee der SPD in ihr Wahlprogramm aufnimmt.
Nachdem sie sich mit ihrem Koalitionspartner darauf geeinigt hatte keine Mietbremse bei Neuvermietungen einzuführen.

Eine logische Antwort wäre:
Weil sie diese Koalition nicht fortsetzen will. 

Und deshalb halte ich das Argument der Rücksichtnahme auf die FDP für unzutreffend. 


Erling Plaethe


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