14. Juni 2014

Der Krieg in Syrien hat den Irak erfasst


Über den Krieg in Syrien wurde auf Zettels Raum im Juli letzten Jahres berichtet. Damals war auch von der Al-Qaida Gruppe "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (ISIL), auch genannt: "Islamischer Staat im Irak und Syrien" (ISIS), die Rede.
Diese Armee ist auf dem Schlachtfeld Syriens der stärkste Opponent Assads. Sie hat sich nicht abgespalten von Al-Qaida, sondern ihrem Führer al-Zawahiri und Nachfolger Osama bin Laden verdeutlicht, dass sie die Al-Nusra-Front als Al-Qaidas Führungsorganisation in Syrien nicht anerkennt, sondern über ihr zugeteiltes Gebiet des Irak hinaus, wirksam sein will.
Und das hat sie auch sehr erfolgreich getan. Sie kontrolliert seit Ende letzten Jahres den Norden Syriens und seit Januar 2014 die irakischen Städte Falludscha und Ramadi. In ein paar Tagen nahm sie Mosul und Tikrit ein und steht nun vor Bagdad. 
Im Fall von Falludscha war es noch dazu eine Rückeroberung. Hier wurde von 2004-2007 der Irak-Krieg Amerikas zum verlustreichen Kampf - gegen den ISIS. 
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Erst als es damals gelang, in dem sich längst zum Religionskrieg zwischen Schiiten und Sunniten ausgeweiteten Kampf, die sunnitischen Stammesführer zu überzeugen, dass Al-Qaida und der ISIS eine Bedrohung für alle Iraker darstellen und der damalige, und heutige, Regierungschef Nuri al-Maliki versicherte die sunnitische Minderheit im Irak stärker einzubinden, konnte der Terror von Al-Qaida und der ISIS spürbar begrenzt und eingeschränkt werden.

All diese Bemühungen, wie auch die Ausbildung und Wiederbewaffnung einer erneuerten irakischen Armee durch die Amerikaner und Briten scheinen nun umsonst gewesen zu sein. 
Maliki hat seine Versprechen nicht eingelöst, ging auf Tuchfühlung zum Iran und errichtete ein autoritäres, schiitisches System. Die sunnitischen Stämme wandten sich ab und inzwischen wurde von dem ISIS der ehemaliger Baath-Partei-General Haschim Almas zum Gouverneur der eroberten Provinz Ninive ernannt. In ihr liegt die zweitgrößte Stadt des Irak, Mosul.
Die sunnitische Unterstützung der ISIS und die der ehemaligen Machthaber unter Saddam Hussein sind mehr als komfortable Vorraussetzungen welche den Durchmarsch der Terrorarmee ermöglichen und die Absicherung ihrer Macht in den eroberten Gebieten gewährleisten.

Aber der Grund für die Konsolidierung des ISIS, und mit ihm der Al-Qaida, liegt nicht im Irak.
Sondern in Syrien. 

In diesem Krieg, der als Rebellion gegen das Assad-Regime begann und schnell in einen Religionskrieg mündete, konnte der ISIS zu einer kampferprobten, gut ausgerüsteten und personell stark wachsenden Armee werden. Die Zahl ihrer Kämpfer (Syrien und Irak) werden mit über 22000 angegeben, die zu einem beträchtlichen Teil auch aus westlichen Ländern kommen.
Umso länger der Krieg in Syrien anhält, umso stärker wird der ISIS. Sein Ziel ist, mehr noch als die Bekämpfung von Assad, die Sicherung und Kontrolle von erobertem Territorium. Es ist durchaus denkbar, dass er gar kein Interesse an einem Ende des Krieges hat. Ganz im Gegenteil. Eine stärkere Ausweitung auf den Libanon wird sicher noch folgen.
Die Errichtung eines Kalifats, welches auch das Ziel Osama bin Ladens war, steht im Vordergrund dieser Armee.

Anstatt Schuldige für die desaströse Entwicklung zu suchen, kann eines gefunden werden: 
Optimale Bedingungen für multinationale Terrorarmeen.

Diese Bedingungen liegen in Kriegen wie dem in Syrien, welche ein Land nicht einfach nur destabilisieren, sondern auflösen. Bürgerkriege tendieren nicht selten zu Religionskriegen, das war auch auf dem Balkan so, aber sie müssen nicht zur Brutstätte von Terrorarmeen werden, die selbst die Schlagkraft von Al-Qaida in den Schatten stellen. Jedenfalls nicht zwangsläufig.

Es war und ist das Ziel des Westens mit einer Schwächung des Assad-Regimes in Syrien den Iran zu schwächen. 
Die Gefahren welche instabile Staaten im Nahen Osten hervorrufen sind nun in ihrer härtesten Ausprägung zu beobachten. Al-Qaida hat sich in einem der brutalsten und opferreichsten Bürgerkriege der jüngeren Geschichte zu einer Größe emporgehoben, die es noch nie besaß. 
Und es ist näher an Europa wie nie. Tausende Kämpfer aus Europa werden als Barbaren irgendwann aus diesem Krieg zurückkehren.

Und spätestens dann wird klarwerden, dass ein Raushalten auch keine Lösung ist. Ganz davon abgesehen was ein "Islamischer Staat im Irak und Syrien" als Al-Qaida-Kalifat für die Region und den Weltfrieden bedeutet.

Um so mehr verwundern den Autor dieser Zeilen Einschätzungen folgender Art:
Vielleicht sollte man den Bürgerkrieg im Zweistromland zulassen und auf ein Ende des Staates setzen. Nur so mag Stabilität erreicht werden.
Als läge es in der Hand eines "man" zuzulassen was ihm beliebt und zu beenden was ihm missfällt. Und welche Stabilität verspricht ein Kalifat des Terrors für dieses "man"?


Erling Plaethe


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