1. Juli 2014

Keiner mag uns

Die FDP ("Freie Demokratische Partei") soll über einen neuen Parteinamen nachdenken, meint die Vizechefin Strack-Zimmermann. Im Wahlkampf sei ihr diese Erkenntnis gekommen, mit der sie an Kubickis Wort aus dem Jahr 2011 anknüpft, die FDP habe als "Marke generell verschissen".

Schlecht ist die Idee nicht. Die KPD ("Kommunistische Partei Deutschlands") hat die Kunst der Umbenennung jedenfalls immer wieder mit großen Erfolg gehandhabt. Die Marke "SED" war 1990 ebenfalls unten durch - und um wie viel besser klingt "Die Linke", wie die Partei sich heute nennt, und um wie viel besser steht sie da. Als "SED" wäre sie untergegangen.

In den Foren und Sozialen Netzwerken, die wie stets für den Klamauk zuständig sind, wurden eifrig maliziöse Namensvorschläge gemacht, und überraschenderweise fand eines der Hühner dort sogar ein Korn: KMU ("Keiner mag uns")! Nicht daß sich dieser Vorschlag so direkt als Parteiname eignen würde - doch trifft er sehr genau, worauf es jetzt für die Liberalen ankommt: Unbeliebtheit. Nicht danach streben, von allen und den Medien ganz besonders gemocht zu werden, sondern versuchen, wieder auf erfolgreiche Weise unbeliebt zu sein.

So wie sie in der Ära Westerwelle unbeliebt war. Steuern runter, Staatsabbau, "mehr privat": das war die Kampfansage an den politischen Konsens der Bundesrepublik. Damit landete die FDP zwar als Exot am Rand des politischen Spektrums - wurde jedoch von den Wählern mit immer besseren Ergebnissen belohnt.

Bis die Partei auf dem Höhepunkt ihrer Unbeliebtheit, im Herbst 2009, keine Lust mehr darauf hatte. Statt sich dem Antiliberalismus in der Koalition und in der Öffentlichkeit entgegenzustellen, trottete sie der CDU mißmutig hinterher und versuchte im übrigen, etwas netter aufzutreten. Gerade diese Linie führte in den Untergang.

Liberal sein, heißt heute, kalt, böse und verneinend zu sein. Nicht, weil dergleichen an sich dem Liberalismus zukommt, sondern, weil es die einzige Rolle ist, die er in unserem lieben, guten, umarmenden Nanny-Staat einnehmen kann.

Um die verlorene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, braucht es Politiker, die mit Unbeliebtheit zurechtkommen, wie Westerwelle in seinen besten Zeiten, wie ein Franz Josef Strauß oder ein Heiner Geißler. Braucht es eine Partei, die sich nicht an ihre letzten Fraktionen und Medienkontakte klammert wie an Rettungsflöße und Schwimmhilfen. Eine, die sich um Anschlußfähigkeit und Koalitionsmöglichkeiten einen Teufel schert, und sich lieber einer jungen Generation zuwendet, die den Liberalismus kennt und als Idee begreift und nicht als Karrierechance. Die sich strategisch auf die Oppositionsrolle festlegt, solange die allgemeine Drift zum linken Etatismus anhält.

Die niemand mag, ausgenommen Liberale. Sie könnte "Liberaler Aufbruch" heißen.


Quelle: "Welt online" vom 27.6.2014

Kallias

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