9. Mai 2016

Marginalie: Wenn Experten uns die Welt erklären

Experten, das sind die, die einem später am besten erklären können, warum die von ihnen getroffenen Vorhersagen nicht eingetroffen sind. Dieses Bonmot wird sinngemäß Winston Churchill nachgesagt, aber wer immer die Erkenntnis auch zuerst formuliert haben mag, könnte damit gut die deutsche Presselandschaft gemeint haben.
Noch nichtmal ein Jahr ist es her, seit Donald Trump seine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten verkündete. Die deutsche Presse beschrieb ihn damals schon als krassen Aussenseiter, der allenfalls dazu dienen könnte, dass sich die Demokraten über die Republikaner lustig machen könnten. Die Republikaner würden vermutlich Jeb Bush zu ihrem Kandidaten kühren, der dann natürlich gegen Hillary Clinton verlieren würde und damit die erste US Präsidentin der Geschichte ermöglichen würde. Nun, irgendwie kam es anders. Donald Trump ist inzwischen der gesicherte Kandidat der Republikaner (und Jeb Bush war nicht einmal in der Nähe der Nominierung) und Hillary Clinton hat ihre liebe Not den ebenso als lächerlichen Aussenseiter betrachteten Bernie Sanders in die Schranken zu weisen (würde es bei den Demokraten rein nach Wählerstimmen gehen, so wäre das Rennen noch völlig offen mit leichten Vorteilen für Sanders).
Sei dem wie es will, auffällig ist, dass uns die Presse bei nahezu jedem noch so unbedeutenden Anlass erklärt hat, warum Donald Trump demnächst verlieren wird. Er beleidigt Wähler, er benimmt sich ständig daneben, er vergrätzt die Partei, er gibt dumme Dinge von sich, er lügt, er poltert und macht dem Namen Rumpelstilzchen alle Ehre. Wer diese Berichte liest (und ernst nimmt), der müsste eigentlich jetzt völlig verwundert vor dem Spiegel stehen und sich die Augen reiben. Wie können diese Republikaner diesen Westentaschencowboy zu ihrem Kandidaten machen?
Ja, wie können Sie nur? Genauso wie sie es gewagt haben, vor jetzt knapp 16 Jahren diesen komischen, dummen Alkoholiker-Cowboy zu eben selbigen zu machen. Das hat damals auch schon keiner verstanden (zumindest niemand, der sich aus deutschen Printmedien informierte). Noch weniger wie man diesen Cowboy der Lichtgestalt Gore vorziehen konnte, der doch so viel für den Umweltschutz tut und beinahe fast das Internet erfunden hat (wenigstens das Nobel Komittee und Hollywood haben diese Ungerechtigkeit erkannt und ihm Oskar und Nobelpreis zukommen lassen).

Man muss nicht unbedingt zu dem inzwischen etwas verbrannten Begriff der Lügenpresse kommen, um zu merken, dass die Realität sich doch gerne mal ein bisschen anders verhält als es die deutschen Experten uns erklären. Die selben Experten, die übrigens jetzt ganz, ganz sicher sind, dass Hillary Clinton die nächste Präsidentin der USA werde. Das kann sein. Aber sicher nicht deswegen, weil die deutsche Presse es uns vorher erklärt hat.


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Llarian

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