9. Juni 2016

Wenn die Investition sich nicht mehr lohnt. Ein Gedankensplitter. Und eine Möhre.

Eine Schlagzeile in der heutigen Presse war ein Urteil über die Durchsetzung des "Zweckentfremdungsverbotes" für Mietwohnungen in Berlin. Kurz zusammengefasst hat das Verwaltungsgericht Berlin die Rechtmäßigkeit des Zweckentfremdungsverbotes bestätigt, was soviel bedeutet, dass Vermieter in Berlin wieder ein ordentliches Stück Freiheit verlieren. Nicht nur das sie eben keine Ferienwohnungen mehr anbieten können, sie sind auch gezwungen (!) ihren Wohnraum zu vermieten und riskieren empfindliche Strafen, wenn sie sich in den Augen der Verwaltung nicht ausreichend bemühen.

Ganz schlimm wird es wenn Wohnraum vernichtet wird, dann werden ganz schnell Kosten von bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter fällig, die der Berliner Senat (arm, aber sexy) dann für sich einkassiert.­
Nun, man kann zu diesem Gesetz aus moralischer Sicht unterschiedlich stehen. Was es aber ganz praktisch bewirkt ist mit Sicherheit mittelfristig eine weitere Verknappung des scheinbar knappen Gutes. Denn als Investor, Vermieter oder auch nur als Angestellter, der sich Gedanken um seine Altersversorgung macht, ist der Neubau oder Erwerb von Mietwohnungen in Berlin damit deutlich unattraktiver geworden. 
Jetzt wird gerne argumentiert, dass in der derzeitigen Lage doch Vermietung eine sehr, sehr gute Investition ist, die überdurchschnittlich hohe Zinsen einbringt und doch eine sichere Bank sei. Letzteres ist mit Sicherheit Unsinn, was man schon alleine an diesem Urteil sehen kann und sich an zwei Fingern ausrechnen kann, wie der Staat, respektive die Verwaltung, über das tatsächliche Recht an diesem Eigentum denkt. Die Verwaltung betrachtet die Wohnungen als ihre und ist eher der Meinung, dass der Vermieter noch glücklich sein soll, wenn er 60% seiner Mieteinnahmen behalten kann. Was aber tatsächlich stimmt, ist, dass Vermietung im Moment derzeit zu den besseren Investments gehört. In Zeiten von EU und Draghi sind die klassischen "Masseninvestitionen" wie Bankkonten, Festgeld, Tagegeld oder Lebensversicherungen tatsächlich totaler Schrott. Die zwar nicht so weit verbreitete, aber dennoch früher beste Investition in Aktien wird auch zunehmend erschwert. Nicht nur das inzwischen Kursgewinne (im Unterschied zu Verlusten) massiv besteuert werden, nein, in der Republik der sozialen Gerechtigkeit soll der Steuersatz demnächst auch noch satt angehoben werden. Schliesslich muss man sich in Zeiten des gläsernen Steuerzahlers um schwarze Konten zunehmend weniger Sorgen machen.
Alles wunderbar also aus Staates Sicht? Nicht ganz, denn die Rechnung geht aus zwei Gründen deutlich schief. Zum einen haben die Deutschen bekanntermassen ein gewaltiges Rentenproblem. Und seit Jahren erzählt der Staat, der Bürger müsse vorsorgen. Nur wie ? Bei Renditen im homöopathischen Bereich ist das schlicht nicht möglich. Die ganze Vorsorgediskussion ist mit den Gedanken an die Investitionsmöglichkeiten des letzten Jahrhunderts geführt worden. Vor Lafontaine, vor Schäuble, vor Draghi. 
Zum anderen, und da komme ich auf die Vermietung zurück, geht der Staat immer davon aus, das Geld auch ausgegeben werden muss. Wer Geld hat muss es entweder in (dann auch in schlechte) Investments einbringen oder konsumieren. Beides toll aus Staates Sicht, Investment ist gut, Konsum auch, weil es ja die Nachfrage ankurbelt. Und sollte jemand wirklich so dumm sein, sein Geld zu horten, wird es eben, siehe Draghi, trotzdem besteuert. 
Was dabei vergessen wird ist simpel: Das Geld muss gar nicht erst erzeugt werden. Das größte Kapital, was die allermeisten von uns haben ist eins: Zeit. Denn diese und nur diese resultiert in Arbeitszeit. Wenn die Menschen bereit sind viel Zeit zu investieren, entsteht eine große Menge an Arbeistzeit, Mehrwert und dadurch Konsum und Investition. Der Mensch kann die Zeit aber auch verweigern. Und in der Folge ensteht weder Investition noch Konsum. Es ensteht schlicht gar nichts. Wir erleben das selbe, was schon die DDR erlebt hat: Menschen verwenden ihre Zeit lieber für sich. Warum für den Staat, warum für andere, schuften ? Warum soll ich neun Stunden arbeiten gehen, um mir eine Wohnung zum Vermieten zu kaufen, wenn meine Rendite mickrig ist und mir die Wohnung ohnehin faktisch enteignet wird ? Warum soll ich eine Extraschicht arbeiten, wenn die Aktien, die ich kaufe, mir kaum noch Profit bringen, weil der Staat mehr und mehr davon abschneidet? 

Der Kapitalismus funktioniert im Unterschied zum Sozialismus vor allem aus einem Grund: Aufgrund der saftigen Möhre. Die Möhre, die dem Pferd vor der Nase hängt und es antreibt. Wenn ich die berechtigte Hoffnung habe, dass mir Anstrengung einen ordentlichen Mehrwert bringt, dann bringe ich diese Anstrengung. Wenn dort aber nur ein alter Schuh hängt, dann sollen die anderen mal ziehen. 


Llarian

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