8. Februar 2018

Personalprobleme

Die "große" Koalition steht. Jedenfalls bis zum SPD-Mitgliederentscheid. Der Koalitionsvertrag löst erwartungsgemäß nirgendwo Begeisterung aus, aber entspricht eben dem schlechten Wahlergebnis. Und nachdem die Koalitionäre sich endlich durchs Inhaltliche gequält hatten, durften sie dann endlich Posten verteilen, das ging ganz schnell.

Das Ergebnis ist etwas überraschend. Die SPD bekommt wichtigere Ressorts und kann damit vor ihrer Basis die Erfolglosigkeit bei den Inhalten etwas kaschieren. Auch die CSU gewinnt - als Ausgleich dafür, daß sie ihre zentrale Forderung "Obergrenze" wieder einmal nicht durchsetzen konnte. Und auf der Strecke bleibt die CDU, die noch nie als Regierungspartei im Bund so schlecht bei der Ressortverteilung abgeschnitten hat.

Schauen wir uns das mal genauer an:
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Finanzminister (und wohl auch Vizekanzler) wird Olaf Scholz. Der ehemals als "Scholzomat" verspottete Hamburger soll den rechten SPD-Flügel bedienen, der ansonsten bei der Postenverteilung ziemlich schlecht abgeschnitten hat. Scholz hat sich auf Landesebene Respekt erarbeitet und ist wahrscheinlich die beste Besetzung im ganzen Kabinett.

Peter Altmaier geht ins Wirtschaftsministerium. Kein Sympathieträger, aber tüchtig. Wobei das Wirtschaftsministerium ohnehin sehr an Bedeutung verloren hat, als es zu Lafontaine-Zeiten die wichtigsten Kompetenzen ans Finanzministerium abgeben mußte.

Heiko Maas soll sich weiter im Justizministerium blamieren. Eine absolute und peinliche Fehlbesetzung.

Das Äquivalent bei der CDU ist Ursula von der Leyen, die trotz einer desaströsen Bilanz weiterhin ihr Unwesen im Verteidigungsministerium treiben soll. Die Koalition beweist damit nach der Nullnummer im Koalitionsvertrag, daß ihr Sicherheit schlicht egal ist.

Auch für die innere Sicherheit ist nicht viel zu erwarten. Anstatt vernünftigerweise in Pension zu gehen, wird Horst Seehofer im Innenministerium noch etwas dilletieren und zusätzlich "Heimat" machen. Was immer das genau heißen soll.

Auch das Riesenministerium Arbeit und Soziales wird neu besetzt, mit Eva Högl. Mußte man bisher nicht kennen, warten wir es mal ab.

Gleiches gilt für Dorothee Bär im Entwicklungshilfeministerium. Im übrigen sollte man dieses Ministerium natürlich abschaffen.

Bei Barbara Hendricks muß man nicht abwarten, wie sie das Umweltministerium führen wird. Da ist schon klar, daß sie es weiterhin sehr, sehr schlecht machen wird. Und weitab von wissenschaftlichen und rationalen Argumenten.

Und das wird dann ein Problem für Julia Klöckner. Die würde das Landwirtschaftsministerium wahrscheinlich gut machen können - aber sie muß ihrer Klientel jetzt erst einmal beibringen, daß die Koalition auf Betreiben von Hendricks und Genossen den Bauern erheblich ans Schienbein treten will.

Da hat es (Dr.) Andreas Scheuer leichter. Im Vergleich zu seinem Vorgänger wird er das Vekehrsressort wohl besser darstellen können. Trotz seiner mäßigen akademischen Grundlage ist er ja nicht ungeschickt im Auftreten.

Es geht ja auch ausbildungsmäßig noch schlimmer: Annette Widmann-Mauz hat nach acht Jahren ihr Studium erfolglos abgebrochen, danach in diversen wenig bedeutenden politischen Ämtern Beschäftigung gesucht und soll jetzt als Gesundheitsministerin Grußworte für die Homöopathie sprechen. Aua.

Aber vielleicht orientiert sie sich an ihrem Vorgänger. Hermann Gröhe hat es immerhin geschafft, vier Jahre lang als Gesundheitsminister unauffällig zu bleiben und darf dafür jetzt den Bildungsminister geben.

Über Gedöns-Ministerin Katarina Barley sage ich lieber nichts, ich will mich nicht aufregen.

Bleibt noch der Überraschungsgast im Kabinett: Martin Schulz hatte ja nicht nur die GroKo, sondern auch persönlich seine Tätigkeit als Minister kategorisch ausgeschlossen. Und siehe - auch dieses Versprechen galt nichts.
Natürlich wird er ein schlechter Außenminister sein, weil schlechte Außenpolitik in Deutschland populär ist und von den Medien gelobt wird. Aber wenigstens ist er einer der ganz wenigen deutschen Politiker die wissen, daß die Leute im Ausland nicht immer so denken wie die Deutschen es erwarten. Ein schlechter Außenminister - aber weniger schlecht als die anderen verfügbaren Personaloptionen und weniger schlecht als in jedem anderen Ressort.

Last and least die Kanzlerin. Jeder weitere Tag ist einer zuviel.


Insgesamt ein schwaches Kabinett. Einige wenige gute Leute und einige richtig schlechte.
Ein Kabinett ohne Zukunftsperspektiven. Drei wackelnde und eigentlich entsorgungsreife Parteichefs haben sich halt noch mal in irgendwelche Jobs gerettet.


Und dann gibt es noch eine ganz auffällige Personalie: Sigmar Gabriel.
Ein schlechter Außenminister, aber siehe oben, das wird halt in Deutschland so erwartet. Vorher ein ordentlicher Wirtschaftsminister und auf jeden Fall einer der klügsten Köpfe in der SPD.
Gabriel ist der mit Abstand beliebteste Politiker der Sozialdemokraten. Er liegt mit 57% Zustimmung an der Spitze, deutlich vor Nahles mit 37% oder gar Schulz mit nur 25%.
Gabriel war Ministerpräsident, lange Jahre Bundesminister, acht Jahre SPD-Bundesvorsitzender und ist derzeit Vizekanzler.
Und diesen Mann schicken die Genossen jetzt in die Wüste. Eigentlich ein unglaublicher Vorgang.

R.A.

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